Fasching und Politik – das hat Tradition. In humorvollen und satirischen Umzugswägen oder Büttenreden nimmt man schon seit der Kaiserzeit die politische Landschaft in Deutschland aufs Korn. Die widerwärtigsten Auswüchse dieser Politik in der „fünften Jahreszeit“ war in der Zeit des Hitlerfaschismus zu bemerken. Schon im Jahr 1933 konnte der „Westdeutsche Beobachter“ über den Rosenmontagszug in Köln berichten, dass der Zug nichts „Volksfremdes“ aufwies, was „in den Nachkriegsjahren unter den mannigfachen Einflüssen liberalistisch-marxistischer Strömungen der Fall gewesen war“. Und im Jahr 1938 zierte einen Wagen auf dem Nürnberger Rosenmontagszug der am Galgen baumelnde „letzte Jude“.
Diese traurige Tradition scheint sich nun, in Zeiten von Pegida, AfD und den sich häufenden Anschlägen auf Asylsuchende und deren Unterkünfte fortzusetzen – heute, wo wir über die „Anfänge“ von damals schon fast hinaus sind, wird das bunte Treiben erneut genutzt, um Stimmung gegen eine bestimmte Bevölkerungsgruppe zu machen – früher die Juden, heute die Geflüchteten.
So fanden es zwei Brüder im oberbayerischen Steinkirchen wohl besonders witzig, einen Papp-Panzer mit der Aufschrift „Asylpaket III“ und auf der anderen Seite „Ilmtaler Asylabwehr“, dazu ein schwarzes Kreuz auf weißem Grund auf den dortigen Umzug zu schicken. Als sich bald darauf die Behörden einschalteten und der geschmacklose, jedoch überhaupt kein bisschen böse gemeinte Wagen landesweites Aufsehen in der Presse erregte, war die Verwunderung bei den Verantwortlichen groß. Dass der Vorsitzende des „Oberilmtaler Carnevalsvereins“, der den Umzug veranstaltet hatte, bei den „Buben“, wie er sie nennt, keinen rechten Hintergrund erkennen will, spricht hier Bände – für ihn war alles nur „Gaudi“. Ein Einzelfall ist der Fall aus Steinkirchen nicht, wenn auch die anderen weniger mediale Aufmerksamkeit erhielten. So wurde auf einem anderen Umzug beispielsweise der „letzte Deutsche“ symbolisch zu Grabe getragen. Und andernorts gab es sogar ein lebendig gewordenes REP-Wahlplakat zu bestaunen, wo als Indianer verkleidete Umzugsteilnehmer ein Schild mit der Aufschrift „Die Indianer konnten nichts gegen die Einwanderung tun – heute leben sie in Reservaten“ hochhielten – die Geschmacklosigkeit und Widerwärtigkeit einer solchen Aussage, vor allem wenn sie von Europäern kommt, braucht hier nicht extra betont zu werden.
Aber auch hier vor Ort diente der Fasching und die damit verbundenen Alkoholeskapaden einigen, der „guten alten Zeit“ nach Herzenslust zu fröhnen. So geschah es am Rosenmontag im Bus von Gaimersheim Richtung ZOB, dass mitten in der ausgelassenen Partystimmung, die bei den Kostümierten im Bus herrschte, ein fröhliches „Sieg – Heil“ zwischen den Umbatätärä und Zicke-Zacke-Rufen erschallte. Diejenigen Fahrgäste, die entweder zu nüchtern oder zu anständig waren, in den Ruf miteinzufallen, lachten nur beschämt hinter vorgehaltener Hand. Auch von Seiten des Busfahrers kam kein Widerspruch, wie es vielleicht zu erwarten gewesen wäre.
Allerdings gibt es auch Positives von der närrischen Zeit, in der der „kleine Mann“ in unzähligen Prunksitzungen traditionsgemäß den „Großen“ die Meinung sagen darf, zu berichten. So stellte man bei der Traditionssitzung „Mainz bleibt Mainz – wie es singt und lacht“ schon zu Beginn klar, dass man für Weltoffenheit und Toleranz stehe. Die Redner waren sich einig in der Meinung, die AfD sei eine geschmacklose und demokratiefeindliche Partei, manch einer forderte hier sogar eine „Gratisreise über das Mittelmeer mit dem Schlauchboot für jeden, der Asylbewerberunterkünfte anzündet“ – ein Vorschlag, dem wir uns nur zu gern anschließen, ihn aber auch auf diejenigen ausweiten würden, die mit ihren fremdenfeindlichen Parolen zu solchen Tagen beitragen.
Im niederbayerischen Abensberg nahmen die Geflüchteten, die seit einigen Monaten im Ort leben, wie selbstverständlich am jährlichen Faschingsgillamoos teil. Man feierte friedlich zusammen und auch wenn seitens der Neubürger einige Verwunderung über das Treiben aufkam, war es doch eine gute Möglichkeit, einandernander näherzukommen und besser kennenzulernen – ein Angebot, dass von beiden Seiten gerne angenommen wurde. Auch der Kelheimer Landtagsabgeordnete der CSU, der in Abensberg traditionell durch das Programm führt, ließ sich von den Morddrohungen, die von Rechtsextremen aufgrund seiner Integrationspolitik gegen ihn lautwurden, nicht einschüchtern und moderierte wie jedes Jahr mit guter Laune die Veranstaltung.
So bleibt nur zu sagen, dass für Fasching das Gleiche gilt wie für den Rest des Jahres auch: Der Rechtsruck in unserer Gesellschaft ist und bleibt bedenklich, Neonazis wie auch die sog. „besorgten Bürger“ tragen ihren Rassismus und ihre menschenfeindlichen Parolen offener und selbstbewusster auf die Straße. Dies ist natürlich eine Entwicklung, der man nicht tatenlos zusehen kann und gegen die es anzukämpfen gilt. Auf keinen Fall darf man darüber jedoch vergessen, dass es auch hierzulande noch Menschen mit Herz gibt, die sich der rechten Hetze mutig entgegenstellen – und diese Menschen sind unsere Zukunft.
Hier eine kleine Auswahl der „Faschingsscherze“
„Der letzte Deutsche“
„Indianer“
„U-Boot“
„Panzer“
„Zug“